Der in Schöppenstedt aufgewachsene Dr. Erich Paulun (geboren 1862; gestorben 1909) war der Gründervater der bekannten Tongji-Universität in Shanghai. Eine der ältesten, angesehensten und selektivsten Hochschulen in China. Die Universität feiert in Kürze ihr 120-jähriges Jubiläum. Alle 60 Jahre wird in China der Gründung einer Institution besonders gedacht. So wird auch die Eröffnung der Tongji-Universität im Rahmen zahlreicher Veranstaltungen gefeiert. Bereits im Vorfeld des Jubiläums bereist eine Delegation der Tongji-Universität die Lebensstationen von Dr. Paulun in Deutschland. Vor wenigen Tagen besuchte die chinesische Staatsdelegation den Singelmannschen Hof in Schöppenstedt, wo Erich Paulun einst über zehn Jahre lebte. Weitere Stationen der chinesischen Besuchergruppe sind Wolfenbüttel, Wilhelmshaven, Hamburg und Berlin.
Hochrangige Gäste aus China
Aus Shanghai reisten unter anderem Universitätsleiter Prof. FANG Shouen, Hochschuldirektor YIN WEN und der Vorsitzende des Hochschulrats Dr. ZHENDONG WANG an. Begleiter waren Prof. Li Keping (ehemaliger Direktor des Chinesisch-Deutschen Forschungszentrums) und Hans Schaper (Archivar der Großen Schule). Ein Vertreter der chinesischen Botschaft in Berlin war ebenfalls Teil der Gruppe.
In der Eulenspiegelstadt informierte sich die chinesische Staatsdelegation über das ehemalige Wohnhaus des jungen Erich Paulun, das heute zum landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Singelmann gehört. Die Delegation wurde herzlich empfangen – unter anderem von Bürgermeisterin Andrea Föniger, Ratsmitgliedern und dem Initiator der Begegnung, Dieter Schubert (China-Galerie Lehrte).
Ein interkultureller Dialog mit geschichtlichem Hintergrund
In ihrer englischsprachigen Rede übermittelte Bürgermeisterin Föniger die Grüße der Stadt Schöppenstedt. Anschließend fand ein intensiver Dialog zwischen den Gästen und Gastgebern statt. Die chinesische Staatsdelegation interessierte sich besonders für die Historie des Hauses in der Sackstraße, in dem Dr. Paulun einen Teil seiner Kindheit verbrachte.
Die Lebensgeschichte des Dr. Erich Paulun
Erich Paulun wurde 1862 in Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) geboren. Im Alter von zwei Jahren zog er aufgrund einer schweren Krankheit seiner Eltern zu seinen Großeltern nach Schöppenstedt, wo er zehn Jahre in der Sackstraße lebte. Später besuchte er die Große Schule in Wolfenbüttel und absolvierte dort sein Abitur. Er studierte anschließend Physik und promovierte in Medizin und Chirurgie. Danach arbeitete er als Militär- und Konsulatsarzt.
1899 gründete Dr. Paulun in Shanghai ein Krankenhaus für mittellose Kranke. 1907 folgte die Gründung einer Medizinschule, aus der sich die Tongji-Universität entwickelte. Sie gehört heute zu den bedeutendsten Hochschulen Chinas und ist ein Symbol für die deutsch-chinesische Bildungskooperation.
Eine moderne Elitehochschule mit internationalem Renommee
Heute umfasst die Tongji-Universität:
- 15 staatliche Forschungseinrichtungen
- Schwerpunktlabore auf National-, Provinz- und Ministeriumsebene
- Vier angeschlossene Kliniken
- Drei Mittelschulen
- Mehrere Lehrkrankenhäuser
Über 50.000 Studierende sind aktuell eingeschrieben.
Das Vermächtnis eines Visionärs
Dr. Paulun starb 1909, einen Tag vor seinem 47. Geburtstag, an einer Typhusinfektion. Sein Tod löste große Trauer aus. Erst später kam heraus, mit wie viel menschlicher Fürsorge er seine Patienten behandelte. Und wie großzügig er sie mit privaten Geldspenden unterstützte.
Eintrag ins Goldene Buch: Ehre für Dr. Paulun
Zum Abschluss des Besuchs trugen sich die Gäste in das Goldene Buch der Stadt Schöppenstedt ein. Familie Singelmann und Bürgermeisterin Andrea Föniger wurden zudem zum Hochschuljubiläum nach Shanghai eingeladen.
„Es war ein hochrangiger Besuch, wie er in Schöppenstedt wirklich nicht alltäglich ist“, sagte Bürgermeisterin Föniger. „Dr. Erich Paulun wird gedacht, weil seine Lebensgeschichte und seine Verdienste sowohl in Deutschland als auch in China einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Die Erinnerung an ihn zeugt von der Verbindung zwischen den Kulturen und dem Engagement, das Leben anderer zu verbessern.“
