Mit dem kommenden Schuljahr 2026/2027 stehen evangelische und katholische Religion nicht mehr auf dem Stundenplan in Niedersachsens Schulen. Das Kultusministerium hat in Zusammenarbeit mit den Bistümern und evangelischen Kirchen des Landes beide Fächer zusammengelegt.
Ab August 2026 sollen den Schülern christlichen Glaubens laut Ministerium ab dem Primarbereich sowie im Sekundarbereich I an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen „Christliche Religion nach evangelischen und katholischen Grundsätzen“ angeboten werden. Das Fach ist bisher bundesweit einmalig. So werden auch in Braunschweig und in den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt Klassen zusammengelegt.
Der Hildesheimer Bischof Wilmer, der Ratsvorsitzende der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, Bischof Adomeit und Kulturministerin Julia Willie Hamburg (Bündnis 90/Die Grünen) unterzeichneten die Vereinbarung bei einer Feierstunde im Gästehaus der Landesregierung.
Das neue Unterrichtsfach wird die bisherigen Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion ablösen. Zudem soll es dauerhaft als ordentliches Lehrfach nach Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz etabliert werden. Zum ersten Mal in Deutschland übernehmen damit die evangelische und die katholische Kirche gemeinsam die Verantwortung für einen christlichen Religionsunterricht in Niedersachsen.
Zusammenarbeit länger geplant
Bereits im vergangenen Dezember hatten die Kirchen untereinander eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Die nun unterzeichnete Erklärung regelt Fragen der Genehmigung von Lehrwerken sowie der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften.
Bischof Thomas Adomeit aus Oldenburg freut sich über die Zusammenarbeit beider Kirchen und der Landesregierung. „Das Besondere des Faches ‚Christliche Religion‘ ist es, dass es sich konsequent an den Schülerinnen und Schülern orientiert: an ihren Fragen, ihren Erfahrungen und ihren Antworten“, sagt er.
„Die christliche Religion mit ihren evangelischen und katholischen Grundüberzeugungen bildet dabei die Grundlage und prägt auch die Perspektive auf die anderen Konfessionen wie die Orthodoxie und die anderen Religionen wie Judentum und Islam. Dazu kommen Philosophien und Weltanschauungen.“ Damit wollen beide Kirchen die Kinder und Jugendlichen religiös bilden. Damit wollen sie erreichen, dass die Schüler selbst entscheiden können, „woran sie ‚ihr Herz hängen’“.
Land und Kirchen blicken positiv auf die Zusammenarbeit
Auch Bischhof Dr. Heiner Wilmer aus Hildesheim blickt positiv auf die Zusammenarbeit. Sie sei der nächste Schritt in der seit Dekaden bestehenden Zusammenarbeit der Kirchen in Niedersachsen. Neben der Vermittlung Christlicher Werte und Philosophie solle das Fach bei einer differenzierten Wahrnehmung und der Identitätsbildung helfen.
„Religiöse Bildung ist mehr als reine Wissensvermittlung in Fragen von Religion. Sie ist Einladung zur Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen, zur Reflexion über Lebensentwürfe und zur Entwicklung einer gesprächsfähigen Identität. Sie schafft Raum für Verständigung, für Dialog, für Respekt, für Mitmenschlichkeit“, sagt Wilmer.
Aus Sicht des Niedersächsischen Kultusministeriums sprechen zahlreiche religionspädagogische und schulorganisatorische Gründe für die Einführung dieses ökumenischen Unterrichtsfachs. Die bisherige an den Schulen gelebte Kooperation zwischen evangelischer und katholischer Kirche in Form eines konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts hat an den Schulen große Resonanz erfahren. Diese Kooperation besteht schon seit 1998. Schon währenddessen nahm das Land deutschlandweit eine Vorreiterrolle in der religionspädagogischen und didaktischen Zusammenarbeit der Kirchen ein.
Ein Zeichen für Dialog und Kooperation
„Mit dem neuen Fach ‚Christliche Religion‘ setzen wir ein wegweisendes Zeichen für Dialog und Kooperation“, sagt Wille. „Ein gemeinsam verantworteter Religionsunterricht ist gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges zeitgemäßes Signal: Er eröffnet Schülern die Möglichkeit, über Vielfalt und Unterschiede nachzudenken und Respekt sowie Toleranz gegenüber anderen zu entwickeln.“ So soll das neue Schulfach „einen wichtigen Beitrag zur religiösen Bildung von Kindern und Jugendlichen in Niedersachsen leisten“ und „demokratischen Werte, die unser Zusammenleben prägen, deutlich stärken“.
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die an einem christlichen Religionsunterricht teilnehmen, lag in Niedersachsen im Schuljahr 2024/2025 bei rund 65 Prozent. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die der evangelischen oder katholischen Kirche angehören, betrug 2024 rund 52 Prozent.
Vermittlung christlicher Werte und Glauben
Wie bisher sind Schüler anderer Konfessionen oder Religionen sowie ohne Konfession eingeladen, auf eigenen Wunsch an dem neuen Unterrichtsfach teilzunehmen. Für die inhaltliche Ausgestaltung tragen die (Erz-)Bistümer und evangelischen Kirchen in Niedersachsen gemeinsam Verantwortung.
Sie sichern die Vermittlung grundlegender christlicher Glaubenswahrheiten und ergänzen diese durch konfessionsspezifische Inhalte. Der Unterricht darf dabei nur von Lehrkräften erteilt werden, die eine Lehrbefähigung in Evangelischer oder Katholischer Religion besitzen und zusätzlich über eine kirchliche Bevollmächtigung (Missio canonica oder Vokation) verfügen.
Zur Umsetzung und Weiterentwicklung des Faches richten die Kirchen einen gemeinsamen Beirat sowie eine zentrale Ansprechstelle ein. Beide Gremien gewährleisten die Zusammenarbeit mit dem Land Niedersachsen, die Einbindung anderer Religionen und Konfessionen sowie die Begleitung von Lehrkräften durch Fortbildungsangebote.
Beitragsbild: Evangelische und katholische Schüler werden in Niedersachsen bald gemeinsam unterrichtet. Foto: Stock