Zu teuer für den gewünschten Effekt. Der Rat der Stadt Wolfenbüttel entschied sich am Mittwoch, den 18. Juni 2025, gegen eine Fahrradzone im Bibliotheksquartier. Zu groß war die Angst vor verlorenen Parkplätzen und dem bequemen Durchkommen für Autofahrer.
Die Idee war, in der Anna-Vorwerk-Straße, der Leibnizstraße, der Lessingstraße, der Schützenstraße (zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Sophienstraße) und der Sophienstraße Fahrräder zu priorisieren. Das hätte bedeutet: Parkplätze wären verschoben oder ganz gestrichen worden. Der gewünschte Effekt sollte sein, dass der Kraftverkehr durch eine neue Straßenführung verlangsamt worden wäre. Kreuzungen sollten übersichtlicher werden, weil parkende Autos nicht mehr die Sicht versperrt hätten. Mehr Platz auf Gehwegen war geplant, weil keine Autos mehr halb darauf parken.
Dieser Plan ist nun aber ein Fall für den Papierkorb. Die 80.000 Euro Beteiligung der Stadt war vielen Politikern im Rat zu viel Geld. Insgesamt waren dafür 160.000 Euro eingeplant. Die anderen 80.000 Euro wären von einer Förderung gedeckt worden.
Redebedarf zu Fahrradzone im Stadtrat
Trotz vorheriger Diskussionen in den Ausschüssen gab es im Stadtrat noch Redebedarf. Politiker jeder Fraktion kannten Leute, die dort wohnen oder wohnen selbst dort. Die selbst gesehenen oder überlieferten Beobachtungen stützten die Meinungen, die in der Fraktion sowieso schon vorherrschten.
Entweder wollte die „Mehrheit der dort lebenden Menschen“ eine Fahrradzone oder eben nicht. Während das Projekt im Bauausschuss in der im Stadtrat vorliegenden Form diskutiert wurde, waren mehrere Bürger im Rathaus, waren mehrere Bürger im Wolfenbütteler Rathaus, um sich für die Fahrradzone auszusprechen oder dazu Fragen zu stellen.
Laut Fraktionsvorsitzenden der CDU, Marc Angerstein, sei das Bibliotheksquartier faktisch schon eine Fahrradzone. Denn mit den geparkten Autos am Straßenrand sei die Fahrbahn zu schmal, um Fahrradfahrer zu überholen. Damit bräuchte die Stadt kein Geld für neue Markierungen und Schilder ausgeben.
Ralf Achilles (SPD) betonte, dass sich seine Partei ja immer für Fahrradfahrer eingesetzt habe. Dieser Einsatz erstreckte sich auf mehrere Forderungen, die die Partei seiner Aussage über die Jahre hinweg aufgestellt habe. In der Stadtratssitzung stimmte die Fraktion trotzdem gegen eine Fahrradzone im Bibliotheksquartier. Den Politikern fehlten gestalterische Entscheidungen zu Flächen, die an das Quartier angrenzten. Achilles führte die Entscheidung zum Parkplatz am Sportpark Meesche an, die fünf Punkte später auf der Tagesordnung stand.
Entscheidung für Autoverkehr
Die, die am meisten von der Fahrradzone profitieren würden, wären laut Leonhard Pröttel (Bündnis 90/Die Grünen) vor allem Fußgänger. „Die Menschen sind darauf angewiesen, dass die Gehwege breit genug sind.“ So wie die Fahrradzone geplant war, wäre das gegeben gewesen. Denn viele der dort momentan bestehenden Parkplätze reichen auf den Bürgersteig. Gerade Leute mit Gehhilfen, die im Rollstuhl sitzen oder mit Kinderwägen unterwegs sind, müssen momentan oft auf die Straße ausweichen. Außerdem zeige die Schützenstraße, dass der Verkehr in einer Fahrradzone gut funktioniere.
Eine Fahrradzone wird es im Bibliotheksquartier aber erst einmal nicht geben. Der Stadtrat entschied mehrheitlich dagegen, allen voran die Fraktionen von CDU und SPD. Die einhellige Meinung: Es werde ja genug für Fahrradfahrer in der Stadt getan. Die Tatsache, dass das Projekt erst umgesetzt werden würde, wenn die Auswirkungen der Baustellen am Quartier klar sind, war außen vor.
2 Antworten
Na schau endlich mal vernünftige Entscheidungen 💙
Zitat aus dem Artikel: „Zu groß war die Angst vor verlorenen Parkplätzen und dem bequemen Durchkommen für Autofahrer.“ – Meiner Meinung nach ist diese Form der Priorisierung eher rückwärtsgewandt. Zumindest die friedliche Co-Existenz von Fahrrad und Auto sollte in einer modernen Stadt doch möglich sein.