Qualifizierungsoffensive zu bildbasierter sexualisierter Gewalt

zuletzt aktualisiert: Dienstag, 30. September 2025, 15:51 Uhr

Einen Schnappschuss aus dem Urlaub oder ein süßes Pärchenfoto in den Sozialen Medien hochladen. Das gehört für viele zum Alltag. Aber auch mit scheinbar harmlosen Bildern kann man am Ende ungefragt auf Pornoseiten landen – nackt. Diese gefälschten Bilder haben für die Betroffenen teils schlimme Folgen und sind illegal.

Deswegen hat das Niedersächsische Justizministerium mit der bundesweiten digitalen Betroffenenberatung HateAid eine landesweite Qualifizierungsoffensive zum Thema bildbasierte sexualisierte Gewalt gestartet. Das soll die Situation Betroffener auch in den Landkreisen Wolfenbüttel und Helmstedt und in Braunschweig verbessern.

Insgesamt 220 Fachkräfte aus Justiz, Polizei, Opferhilfe und Beratungsstellen werden dazu geschult. In mehreren Veranstaltungen geht es darum, Opfer von bildbasierter sexualisierter Gewalt besser zu schützen und zu ihrem Recht zu verhelfen. Die Resonanz auf die Weiterbildung ist groß, denn die Entwicklung digitaler Gewaltphänomene ist beunruhigend.

Tiefgehende Fälschungen sehen täuschend echt aus

Grundlage dessen ist mitunter ein Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“. Darin heißt es, dass sich die Zahlen der Betroffenen im Bereich der digitalen Gewalt im Vergleich zum Vorjahr um 25 Prozent erhöht haben. Im Fünf-Jahres-Vergleich haben sie sich sogar mehr als verdoppelt.  

Bildbasierte sexualisierte Gewalt bedeutet, dass Bild- oder Videomaterial, das Personen von sich im Internet veröffentlicht haben, gestohlen. Die Fotos und Videos werden dann ohne deren Einwilligung verändert und verbreitet. Die Täter erstellen mit diesen Bildern und Videos – oft unterstützt durch KI – Nacktfotos oder Pornovideos, sogenannte Deepfakes oder Deepnudes – zu deutsch tiefgehende Fälschungen oder tiefgehende Nacktfotos.

Gefälschte Bilder sollen bloßstellen

Die gefälschten Bilder werden im Netz und auf Social-Media-Kanälen weiterverbreitet, um die Opfer zu erniedrigen, zu erpressen und zu bedrohen. Betroffen von dieser Form digitaler Gewalt sind überwiegend Frauen und Mädchen. Fast die Hälfte der befragten jungen Frauen (42 %) in der Studie „Lauter Hass, leiser Rückzug“ von HateAid erhielt bereits ungefragt ein Nacktfoto.

Die Folgen für die Opfer gehen weit über materielle Schädigungen hinaus. „Wenn die Bilder erst einmal im Netz sind, haben die Betroffenen keine Kontrolle mehr über sie“, erklärt Anna Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid. „Es ist unklar, wer die Bilder schon gesehen hat und wo sie als Nächstes landen. Die Folge sind Angst, Rückzug und Scham“.

Falsche Bilder sind für Betroffene eine große Belastung

Seelische Belastungen können sich zu Erkrankungen entwickeln und im äußersten Fall sogar im Suizid enden. Das Niedersächsische Justizministerium will dieses Phänomen nicht länger hinnehmen. Staatssekretär im Justizministerium Dr. Thomas Smollich eröffnete auch die zentrale Veranstaltung am Mittwoch, den 24. September 2025, in Hannover gemeinsam mit Anna-Lena von Hodenberg. Er stellt unmissverständlich klar:

„Wir müssen den Schutz für die Betroffenen von bildbasierter sexualisierter Gewalt deutlich verbessern. Wir müssen ihnen professionelle rechtliche und psychologische Unterstützung bieten und gleichzeitig alle strafrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um diese Auswüchse digitaler Gewalt konsequent zu ahnden.“

Mit der Stiftung Opferhilfe und ihren landesweit 11 Opferhilfebüros hat Niedersachsen bereits eine gute dezentrale Beratungsstruktur für Betroffene, die im Bereich der digitalen Gewalt eine wichtige Rolle spielen soll. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen und Sicherheitsbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft und anderen Meldestellen erforderlich.

Landesregierung soll passende Regelungen umsetzen

Darüber hinaus haben sich auf Initiative Niedersachsens die Justizministerinnen und -minister der Länder auf ihrer Junikonferenz 2025 mit bildbasierter sexualisierter Gewalt intensiv befasst. Sie haben dort den Beschluss gefasst, „die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz zu bitten, sich der Thematik anzunehmen und adäquate Regelungen zur Schließung der Strafbarkeitslücken … vorzuschlagen“.  

Hintergrund der Schulung ist ein Beschluss des Niedersächsischen Landtags aus dem Februar. In seiner 60. Sitzung am 26. Februar 2025, stimmten die Politiker für den Beschluss zum Thema „Unterstützung für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt verbessern – Strafbarkeit von bildbasierter sexualisierter Gewalt erweitern“ (Drs. (19/6633). Damit baten sie die Landesregierung um zwei Dinge.

Zum einen soll sie eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt schaffen. Zum anderen soll sie die bestehende Rechtslage auf eine Strafbarkeitslücke prüfen. Gegebenenfalls soll in einer Bundesratsinitiative eine konsistente Regelung bildbasierter sexualisierter Gewalt im Bereich des Sexualstrafrechts erarbeitet werden.  

Beitragsbild: Ein harmloses Bild von einer Reise – und am Ende ist ein gefälschtes Nacktbild im Netz. Foto: Stock

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